An(ge)dacht für Mai 2025
Just, als ich mich anschickte, eine Andacht zu diesem Monatsspruch für den Mai zu schreiben, begann ein langersehnter Aprilregen. Es wurde ja auch Zeit. Die Zeit der Aussaat im Garten verschob sich in den vergangenen Wochen immer weiter, weil die Erde einfach zu trocken war. Und dennoch war der Garten voller Leben. Die Obstbäume stehen in voller Blüte, die Wildpflanzen (vulgo: Unkraut) erfreuen sich ihrer Existenz an allen möglichen und unmöglichen Orten und die Vögel bauen ihre Nester im Efeu.
Da bin ich doch dankbar, dass es nicht so schlimm ist, wie beim Propheten, der Gott anfleht, weil in der verbrannten Einöde um ihn herum die Pflanzen sterben und die Tiere verdursten. Es sind auch die Tiere, die in ihrer Not ganz selbstverständlich zu Gott schreien. Sie machen es instinktiv richtig und werden so zum Vorbild für Joel, der in der Dürrezeit seine Mitmenschen daran erinnern muss, zu Gott zu rufen. „Wacht auf!“ (V. 5), „Heult wie Jungfrauen!“ (V. 8), „Schämt euch! (V.11), „Klagt!“ (V.12). Das fordert Joel von allen Menschen: Kindern, Trunkenbolden, Ackerbauern, Priestern. Die Schönheit des Gartens, wo das Leben der Trockenheit wacker trotzt, kann das lechzende Schreien der Tiere aber kaum übertönen.
Der Klimawandel ist eine Tatsache und wir Menschen haben daran einen gehörigen Anteil. Lebensräume werden für den Fortschritt und den Wohlstand rücksichtslos zerstört. Hören wir den verzweifelten Ruf des Spix-Aras, der in den Resten des brasilianischen Regenwaldes eine Partnerin sucht, nicht wissend, dass er der letzte seiner Art ist?
Ja, die Tiere schreien zu Gott, sagt Joel. An wen sollen sie sich auch wenden? Etwa an die Menschen, die sie für ihre eigenen Bedürfnisse quälen? Hören wir die schreienden Gebete der Tiere, die ihr wenige Wochen dauerndes Leben eingepfercht in Ställen fristen? Hören wir das Wehklagen der Milchkuh, der ihr Junges genommen wurde und die unter der Last ihres viel zu groß gezüchteten Milcheuters leidet? „Wacht auf, heult, klagt, schämt euch!“
Vielleicht ist es wirklich an der Zeit, endlich Buße zu tun und sich gemeinsam mit der gesamten Schöpfung an den einzigen zu wenden, der helfen kann: den allmächtigen Gott. Es ist noch nicht zu spät, im Gebet auf eine bessere Welt zu hoffen und unser Leben danach auszurichten.
Joel ist davon überzeugt, dass dies der einzige Weg ist und prophezeit hoffnungsvoll:
„Fürchtet euch nicht, ihr Tiere auf dem Felde; denn die Auen in der Steppe grünen, und die Bäume bringen ihre Früchte, und die Feigenbäume und Weinstöcke tragen reichlich. Und ihr, Kinder Zions, freut euch und seid fröhlich im HERRN, eurem Gott, der euch den Lehrer zur Gerechtigkeit gibt und euch herabsendet Regen, Frühregen und Spätregen wie zuvor, dass die Tennen voll Korn werden und die Keltern Überfluss an Wein und Öl haben.“ (Joel 2,22-24)
Buße tun und mit der ganzen Schöpfung zu Gott rufen - noch ist es nicht zu spät!
Sebastian Hechler